Von Georg Kleinschuster, BA und Benjamin Sikora, BEd
Die Gruabn. Bei diesem Namen geht Sturmfans unterschiedlichster Generationen das Herz auf. Ursprünglich als einjähriger Ausweichplatz gedacht gewesen, entwickelte sich die Gruabn in den folgenden Jahren zur Heimat des jungen SK Sturm. Dies blieb sie auch lange Jahre, bis Hannes Kartnig schließlich die Pachtrechte verkaufte, um seine Position als Präsident ein weiteres Jahr zu retten. Heute dient die ehrwürdige Gruabn dem Bezirksrivalen des SK Sturm, dem Grazer Sportklub Straßenbahn, als Heimstätte und die Zeit nagt sichtlich an ihr.
Sie waren ausgemagert und entkräftet, als sie im Winter 1918 von der Front zurückkamen. Dennoch war einer der ersten Wege jener Sturmmitglieder, die diese Katastrophe überlebten, der zum Verein. Was sie jedoch vorfanden war nicht vielversprechend. Alles was vor dem Krieg in mühsamer Arbeit aufgebaut wurde, war zerstört. Speziell der Verlust des ersten, eigenen Platzes in der Fröhlichgasse, den man sich mit der GSV geteilt hatte, war schmerzhaft. Diese erste Heimstätte musste Heimgärten weichen und war nicht mehr bespielbar. Schon damals war ein eigener Fußballplatz für Fußballvereine ein wichtiger Faktor, um erfolgreich sein zu können. Nur eine eigene Heimstätte ermöglichte das regelmäßige Abhalten von Trainingseinheiten und sicherte Einnahmen ohne Mietzahlungen.
Und so machten sich die Rückkehrer, allen voran Karl Aßmann, sofort daran, eine neue Spielstätte für den Verein zu finden. Dank der Vermittlung des Bäckermeisters Michael Höller – dem Vater eines Sturmspielers – gelang dies auch schnell und bereits im März 1919 konnte der Verein verkünden, dass er einen Grund des Moserhofschlössl-Besitzers Franz Xaver Althaller pachten wird. Hierbei handelte es sich um eine kleine Wiese neben der Trabrennbahn, also in unmittelbarer Nachbarschaft zum alten Platz. Man unterzeichnete einen einjährigen Pachtvertrag, da es sich nur um eine Übergangslösung handeln sollte. Eigentlich wollte man auf eine größere Wiese in der Naglergasse/Ecke Krenngasse ziehen. Dieser Plan musste im folgenden Jahr jedoch verworfen werden.
Bereits im Februar 1919 machten sich die Mitglieder daran den Platz, der bis dahin als Holzlager diente, bespielbar zu machen. Die Fläche musste geräumt und geebnet, sowie mit Linien und Toren versehen werden. Gemeinsam meisterte man die Aufgabe in kürzester Zeit und schon am 9. März 1919 konnte der neue Sturmplatz in der Kastellfeldgasse mit einem 5:2 Erfolg gegen den Deutschen SK eröffnet werden. Sturm hatte wieder eine Heimat – und was für eine.
Da man die ursprünglich gewünschte Wiese bei der Naglergasse nicht bekam, wurde aus dem Provisorium eine Dauerlösung. Schritt für Schritt wurde der Platz in den kommenden Jahren erweitert und ausgebaut. Ab 1920 wurden Zuseherrampen an den Ost- und Westseiten errichtet und 1921 folgte dann die offizielle Eröffnung des neuen Sturmplatzes. Sturm besiegte den Salzburger AK mit 14:0. Wenige Tage später fand das erste Länderspiel am Sturmplatz statt. Vor rekordverdächtigen 8.000 Zusehern spielte eine österreichische Mannschaft, gebildet aus Spielern von Sturm und GAK, gegen Schweden und verlor mit 3:0.
Weizen für die Wiese
1923 bekam Sturm einen ersten, längeren Pachtvertrag. Dieser war für drei Jahre abgeschlossen und verpflichtete Sturm in Zeiten der galoppierenden Inflation pro Jahr den Preis für 35g Weizen pro Quadratmeter zu bezahlen. Dies entsprach bei einer Fläche von 19.303,3 m² einem Pachtzins von 675,62 kg Weizen. 1924 wurde der Vertrag auf 10 Jahre verlängert. Mit dieser Sicherheit in der Tasche machte man sich daran den Platz weiter auszubauen. Erst folgte die erste Umkleidekabine im Nordwestbereich des Platzes, etwas später die erste Kantine, damals noch unter der Bezeichnung Buffetthalle. Betrieben wurde sie von der „Sturmplatz Mami“ Johanna Weinpolter-Moik. Später wurde sie als „Gmeindl-Kantine“ – geführt vom legendären Spieler Hans Gmeindl – bekannt.
Auf Grund der Lage, der guten Erreichbarkeit, aber auch des wachsenden Komforts und nicht zuletzt wegen der dort spielenden Sturmmannschaft, wurde der Sturmplatz schnell zum beliebtesten Sportplatz in Graz.
Als Besucher bekam man jedoch nicht nur begeisternden Fußball zu sehen. Schon 1919 wurde eine Ringer-Veranstaltung organisiert. Der in der Zwischenkriegszeit beliebte Feldhandball wurde auf dem Sturmplatz ebenso praktiziert wie Motorradfußball. Im Winter nutzte man das Spielfeld als Eisfläche und in der spielfreien Zeit konnte man internationale Ensembles, wie die reitenden Donkosaken oder die Harlem Globetrotters bewundern.
Vom Sturmplatz zur Gruabn
Doch um aus dem Sportplatz ein richtiges Stadion zu machen, fehlte noch eine ordentliche Tribüne. Im Jahr 1933 nahm Sturm den SKV Kastner & Öhler als Mitpächter auf und gemeinsam mit Sturmgönnern und Herrn Franz Öhler gelang es 1934 eine 95 Meter lange Holztribüne, die 2.000 Besuchern Platz bot, zu errichten. Dann kam der Krieg. Zwar bekam der Sturmplatz nur einen Bombentreffer im Südbereich ab, dieser zeigte jedoch Wirkung und machte umfangreiche Arbeiten zur Absicherung der Tribüne nötig. Zusätzlich zu den Sicherungsmaßnahmen wurde 1945 eine neue Ankleide- und Waschbaracke errichtet, die allerdings erst im Jahr 1957 eine Bewilligung bekam.
Nach und nach wurde der Sturmplatz in den kommenden Jahren auf Vordermann gebracht. Zusätzliche Eingänge wurden geschaffen und die Stehplatzrampen saniert. 1958 folgte schließlich sogar eine geschlossene Rasendecke. Dennoch hing dem Sturmplatz immer ein eigener Charme an. Wirklich modern und frei von Makeln war er nie. Schon Ernst Happel bezeichnete den Platz in den 1950er Jahren als „Lehmgrube“ und Gerdi Springer gab ihm schließlich im August 1968 den Namen, den er bis heute trägt. Aus der von Springer erwähnten „Grube“ wurde in den kommenden Jahren die „Gruabn“. In den Medien wurde der Begriff erstmals von Otmar Behr 1969 in der „Neuen Zeit“ abgedruckt.
Liebenau – Gruabn und zurück
Wenig später, im Jahr 1974, schien die Zeit der Gruabn zu Ende zu gehen. Sturm zog, wie auch der GAK, ins modernere Liebenauer Stadion, das seit 1970 eine überdachte Sitzplatztribüne für 4000 Besucher und eine Flutlichtanlage aufwies. Man versprach sich mehr Zuschauer und höhere Einnahmen durch den Umzug. Die Rechnung ging jedoch nur bedingt auf. So richtig warm wurde der Sturmfan mit Liebenau einfach nicht und so wurde der Ruf nach einer Rückkehr in die Gruabn immer lauter. Als 1982 der geplante Straßenausbau der B 67c vom Jakominigürtel in die Münzgrabenstraße abgesagt wurde, stand einer Revitalisierung und Rückkehr nichts mehr im Wege. Doch nach weiteren 15 Jahre war endgültig Schluss mit Bundesligafußball in der Gruabn. Die im Juli 1997 eröffnete neue Liebenauer Arena bot den Schritt ins moderne Fußball-Zeitalter. Die Gruabn war trotz der 1995 von Liebenau geholten alten Flutlichter den Ansprüchen das modernen Profifußballs nicht mehr gewachsen und konnte aufgrund des begrenzten Raumes auch nicht umgebaut werden. So zog der SK Sturm erneut nach Liebenau. Diesmal gelang es, wohl auch aufgrund der großen Erfolge, dort eine neue Heimat zu finden. Die Gruabn wurde zur neuen Heimstätte der Amateurmannschaft, die dort auch den Aufstieg von der Landesliga in die Regionalliga feiern durfte.
Doch 2005 kam es zur Zäsur. Trotz eines gültigen Beschlusses der Generalversammlung, dass die Gruabn nicht verkauft werden durfte, verscherbelte Hannes Kartnig diese an die Stadt Graz. Mit den daraus generierten Einnahmen konnte er die Zahlungen noch ein weiteres Jahr aufrechterhalten, ehe der SK Sturm dennoch Konkurs anmelden musste.
Seit 2005 spiel der ehemalige Bezirksrivale GSC in der Gruabn. Der GSC erhielt die Anlage als Ersatz seiner Anlage gegenüber der Messehalle, auf der heute das Styria-Medienzentrum steht. Das Aussehen des Platzes hat sich enorm verändert. Die Stehplatztribünen wurden, genauso wie die alten Umkleidekabinen, geschliffen und umgestaltet. Seit 2016 kämpfte eine Initiative von Sturm-Mitgliedern für die Rettung der wohl mittlerweile ältesten Holztribüne Österreichs – mit Erfolg. Seit kurzem steht die Gruabn unter Denkmalschutz und soll demnächst sogar renoviert werden.